Kann man Landschaft lesen? Franz Kamhuber kann. Für Menschen wie ihn ist Landschaft ein offenes Buch, und wer mit ihm durch oberfränkische Wiesen und Felder streift, lernt die verschiedenen Hauptdarsteller, also die Strukturen der Landschaft kennen. Die versucht er in seinem täglichen Tun bei den Flurneuordnungs- und Dorferneuerungsverfahren, die er als Sachgebietsleiter am Amt für Ländliche Entwicklung Oberfranken durchführt, zusammenzufügen. Und zwar so, dass eine gute Geschichte für all diejenigen daraus wird, die von und mit dieser Landschaft leben.
Besser für alles
Auf den Hügeln rund um Mühlendorf im Landkreis Bamberg zeigt er, wie er das hinbekommt. Am höchsten Punkt mit dem besten Überblick auf die Gegend ist der Boden nass. Ein einigermaßen ausgedehntes Biotop ist hier entstanden, Weiden, Schilf, Gräser – typische Pflanzen eines Feuchtgebietes wiegen sich im warmen Sommerwind, außenherum stehen Wiesen und Felder. „Das hier war ein Acker, bei dem sich der Landwirt geärgert hat, weil er in den nassen Stellen immer eingesunken ist beim Drüberfahren“, sagt Franz Kamhuber. „Da sehe ich, hier tritt Schichtwasser aus, also nehme ich das Stück Fläche aus der Nutzung heraus, grabe ein Loch rein und in kürzester Zeit entwickelt sich ein artenreiches Feuchtbiotop. Ganz von selber. Der Bauer bekommt anderswo eine wertgleiche Abfindung und ich fördere hier die Biodiversität.“ Klingt irgendwie ganz einfach. Bei Franz Kamhuber heißt das: „Es muss alles besser sein“, wenn er mit einem Projekt fertig ist. Und mit „alles“ meint er wirklich alles. Die Landwirtschaft genauso, wie den Naturschutz und den Erholungswert einer Landschaft.
Das Ganze im Blick
„Schauen Sie, wie schön das hier ist. Das gefällt mir“, sagt er und könnte nicht zufriedener wirken. Dabei schweift sein Blick über die oberfränkische Hügellandschaft, in der er gemeinsam mit den Landwirten und Gemeinden seine strukturreichen Spuren gelegt hat. Er hat nämlich nicht nur ein Loch graben lassen, sondern das gesamte Umfeld ins Visier genommen. Bestehende Gräben miteinander verbunden und zu Feuchtflächen, erweitert, Hecken und Bäume gepflanzt, Äcker in Grünland und Blühflächen umgewandelt, und Flächen so neu verteilt, dass daraus eine gute Geschichte sowohl für den Naturschutz als auch für die Landwirtschaft wurde. „Einen ganzheitlichen Planungsansatz verfolgen“, nennt er das, „und bloß keine singulären Betrachtungen anstellen“, warnt er. Dann sei es auch ganz einfach, die Biodiversität voranzubringen. „Man muss halt schauen, wo welche Potentiale für die Landschaft sind und die richtig nutzen.“ Da ist es gut, dass Franz Kamhuber ein passionierter Landschaftsleser ist.
Den Ausgleich finden
Nächste Station, es geht an einem idyllischen Waldweg entlang. „Was soll der Landwirt mit einer Fläche am Waldrand, wo er mit Schatten- und Wurzeldruck von den Bäumen kämpft?“ fragt er, „ich sehe da einen südexponierten Gehölzrand, den ich doch lieber als Sukzessionsfläche entwickle und finde anderswo einen Ausgleich für den Bauern“, und zeigt voller Freude die typische, artenreiche Pflanzengesellschaft, die sich dort eingestellt hat, wo früher nur mäßige Ackererträge eingefahren wurden. Ganz klar, hier ist jemand mit viel Erfahrung und Fachwissen am Werk, aber auch einer, der die Landschaft und die Menschen, die damit leben, gleichermaßen wertschätzt. Er will für alle das Beste herausholen, für die Landwirte genauso wie für die Natur. Aber ist das immer so einfach? Landwirtschaft, Naturschutz, kommunale Interessen? „Man muss Widerstände überwinden, dann werden sie zu Lösungen“, hat er an anderer Stelle mal gesagt. „Leben und leben lassen“, nennt er das heute und lächelt ganz entspannt.
Potentiale gibt es überall
Franz Kamhuber scheint jede Hecke und jeden Baum in der Gegend persönlich zu kennen und hat viele Geschichten dazu auf Lager. Immer schwingt aber der Respekt vor den Landwirten mit, die den Veränderungen ihrer Landschaft zugestimmt und sie mitgetragen haben. Das hat offenbar auch damit zu tun, dass er andere mit seiner Begeisterung für die Vielfalt, die er in einer Umgebung erkennt, anstecken kann. Ländliche Entwicklung – die hat es ihm schon nach dem Studium zum Vermessungsingenieur angetan, weil er davon fasziniert war, mit der richtigen Planung die Bedingungen im ländlichen Raum zu verbessern. Auch nach rund dreißig Jahren im Beruf schätzt er daran, dass jedes Verfahren und jede Landschaft eigene Herausforderungen bergen, die nicht selten auch weit über sein eigentliches Aufgabengebiet hinausgehen. „Potentiale erkennen“, das ist sein Credo, egal ob in der Landschaft, im Dorf oder in den Menschen, die ihm in den Projekten begegnen. So hat er schon Lehrstellen vermittelt, Schulunterricht gehalten, ein Nahwärmenetz angestoßen oder geholfen einer Gärtnerei die betriebliche Existenz zu sichern.
Gute Geschichten
Mit Büchern ist es ja so, dass sie zuweilen leicht erschließbar sind oder sich schwer zugänglich geben, manchmal bergen sie Abenteuerliches und hin und wieder steckt vielleicht auch ein bisschen Krimi darin. So ähnlich scheint es bei Franz Kamhuber auch zu sein, wenn er ein Projekt in Angriff nimmt und sich in die Landschaft einliest. Denn „jedes Verfahren ist neu, es gibt keine Kopie“. Und wie ist das, wenn er dann später die Umgebung betrachtet, die er maßgeblich gestaltet hat? „Mei“, sagt er und lächelt, „wenn Du was G’scheites zusammengebracht hast, dann ist das was richtig Schönes.“ Er schaut halt, dass es immer eine runde Geschichte wird, Kapitel für Kapitel.
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