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Hans-Jörg Birner

Der innovative Wegbereiter

Hans-Jörg Birner vor dem Rathaus
Hans-Jörg Birner, Bürgermeister von Kirchanschöring
© Carla Hauptmann
Hans-Jörg Birner ist seit 2008 Bürgermeister von Kirchanschöring, einer oberbayerischen Gemeinde am Waginger See. Eine traumhafte Gegend, begehrt zum Wohnen, es lebt sich schön und gut hier. Das alleine reicht Hans-Jörg Birner aber nicht. Er will Innovation, denkt nicht nur an die nächste, sondern an die überübernächste Generation. Dafür geht er gerne Wege, die andere noch nicht gegangen sind. So ist Kirchanschöring als erste bundesdeutsche Gemeinwohlgemeinde bekannt, ein Klimaschutzkonzept gibt es hier schon seit 2012, und dem enormen Nachfragedruck nach immer mehr Siedlungen mit immer mehr Flächenverbrauch hat man hier nicht nachgegeben. Denn für Hans-Jörg Birner wäre das alles andere als eine nachhaltige Entwicklung. Stattdessen setzt er auf „resiliente Siedlungsentwicklung“, weg vom reinen Einfamilienhaussiedlungen. Nachhaltigkeit ist hier nämlich nicht nur ein strapazierter Begriff, sondern Leitlinie der Gemeindeentwicklung.

Mitdenken gefordert
Deshalb fordert er die Bürgerinnen und Bürger Kirchanschörings dazu auf, in einem „Bürgerrat“ die Ideen dazu selbst zu entwickeln. Wobei sich das Auffordern nicht an die Üblichen richtet, die sich auch sonst immer einbringen. Vielmehr lädt er per Zufallsauswahl ein, „da bekommt man plötzlich einen spannenden Querschnitt der Bevölkerung an den Tisch“, sagt er. Es kann also jeden und jede treffen, von Hans-Jörg Birner zum Mitdenken aufgefordert zu werden. Das funktioniert, das haben etliche Projekte bereits bewiesen. Allerdings: „Die Siedlungsentwicklung ist kein Sonnenscheinthema“, sagt er. Doch der Bürgermeister ist davon überzeugt, dass er bei einem so wichtigen Thema nur gemeinsam mit der Bevölkerung zu einer guten, bedarfsgerechten und flächensparenden Lösung kommt, die auch wirklich zukunftsfähig ist.

Kirchanschöringer Eigenheiten
Von Haus aus ist Hans-Jörg Birner Ingenieur für Prozess-, Steuer- und Regelungstechnik, zur Kommunalpolitik kam er während der Dorferneuerung. Dort haben die Kirchanschöringer gemerkt, dass da jemand ist, der weiß, wovon er redet, und der den Willen zum Gestalten hat. Und ihn gefragt, ob er nicht als Bürgermeister kandidieren möchte. Er wollte. Und weil Innovationsfreude eine ganz spezielle Kirchanschöringer Eigenheit zu sein scheint, blieb er auch dem Hang seiner Vor- und Vorvorgänger zu nachhaltigen Pionierprojekten treu. Ticken die Leute hier also anders? „Vielleicht“, lacht Hans-Jörg Birner. In jedem Fall spürt er den Rückhalt bei den Bürgerinnen und Bürgern und im Gemeinderat, „deshalb traut man sich auch, einen Schritt weiterzudenken, als üblich und die Projekte werden mutiger und größer.“

Gemeinwohl zählt
Das alles ist aber keine One-Man-Show. Seine Rolle ist die des Ideengebers, er schaut sich anderswo nach guten Beispielen um, liest viel, tauscht sich gerne mit progressiv denkenden Gemeinden aus und ist in alle Richtungen vernetzt. Wohin entwickelt sich die Gesellschaft? Wie wollen wir hier zusammenleben? Das sind die Fragen. So kam auch die Idee auf, dass in Kirchanschöring Gemeinwohlökonomie ganz oben auf der Agenda stehen soll. Die Gemeinde definiert ihren Erfolg jetzt nicht nur wirtschaftlich, sondern in einer Gemeinwohlbilanz. Die Verwaltung, einige Firmen und Vereine sind Teil dieser Bilanz, die eben ein anderes Bild einer Gemeinde zeichnen, als nur das der Finanzkraft. Vielmehr stehen hier Nachhaltigkeit, Umweltgerechtigkeit und soziale Vernetzung auf der Haben-Seite. Als nächstes plant Hans-Jörg Birner einen Gemeinwohlindex für die Gemeinde, an dem sich die Kommunalpolitik künftig orientieren soll. Denn die Entwicklungen, die er angestoßen hat, sollen auch Auftrag für seine Nachfolgerinnen und Nachfolger sein.

Projekte mit Weitblick
Die Qualitäten einer Gemeindeentwicklung, die sich am Gemeinwohl orientiert, die sind in Kirchanschöring deutlich sichtbar. Hier zieht man im Alter in das freundlich-luftige „Haus der Begegnung“ mit dem schönen Garten anstatt in ein großes Heim. Das Jugendzentrum ist für alle offen, ob groß oder klein. Dem Kulturcafé liegt die Idee zugrunde, auf dem Land für gleichwertige Lebensbedingungen zu sorgen. Das Grünflächenmanagement, das zunächst die Biodiversität in Kirchanschöring fördern sollte, hat der unermüdliche Netzwerker Hans-Jörg Birner in einen ökologischen Grünflächenpflegeplan für elf ILE-Gemeinden in der Region ausgeweitet. Übrigens gewinnt die Gemeinde mittlerweile ihr eigenes Saatgut, „weil wir so tolle Flächen haben“ sagt er. Ach ja, ein kommunales Wohnungsbauunternehmen hat die Gemeinde auch gegründet und ein Regionalwerk zur Energieversorgung hat seine Arbeit aufgenommen. Hans-Jörg Birner weiß, dass er für mutige Entwicklungen im ländlichen Raum größer denken und sich andere Kommunen als Verbündete ins Boot holen muss.

Rundum denken
„Ich stelle mir immer drei Fragen: Machen wir das Richtige? Machen wir es richtig? Und machen wir es zur richtigen Zeit?“, erzählt er. Klar, auch in Kirchanschöring gibt es Dinge, für die der richtige Zeitpunkt noch nicht gekommen ist. Doch für ihn hängt sowieso alles mit allem zusammen. Ob das städtebauliche Aspekte, energetische Fragen, Biodiversität, das gesellschaftliche Miteinander oder die finanziellen Folgen für die Zukunft betrifft. All das gehört für ihn zur resilienten Entwicklung seiner Gemeinde und der Umgebung, er meint es sehr ernst damit. Mit einer aufgeschlossenen Bürgerschaft im Rücken dürfte ihm die gelingen. Denn für den Teamplayer Birner gibt es nichts Schöneres, als am Ende sagen zu können: „Das haben wir gemeinsam geschaffen und ich habe mitgeholfen, dass es so werden konnte. Eine einfachere Geschichte für eine Erfolgsstory gibt es ja fast gar nicht“. Und wie er da so an der Rathaustür lehnt, sieht es aus, als sei die Erfolgsstory noch lange nicht zu Ende.

Kontakt:
Hans-Jörg Birner
1. Bürgermeister
Gemeinde Kirchanschöring
Rathausplatz 2
83417 Kirchanschöring
Tel: 08685 77939-0
www.kirchanschoering.de
www.buergermeisteranschoering.jimdofree.com/

Hans-Jörg Birner hat auch eine eigene Podcast-Reihe: „Und was sagt der Anschöringer Bürgermeister dazu“. Dort berichtet er von seinen Gedanken und Denkansätzen zu den Themen, die seine Gemeinde und die Gesellschaft gerade bewegen.

















Mai 2021
Text: Bärbel Faschingbauer
Fotos: Carla Hauptmann
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