Der Himmel über Ainring ist bedeckt. Das Wetter kann sich heute nicht entscheiden, ob es noch regnen soll. Josef Mayer, Demeter-Landwirt aus Ottmaning bei Ainring, pflückt an diesem Morgen Anfang Juli Kirschen auf seinem Hof. „Ich bin dieses Jahr leider schon zu spät dran. Die meisten Kirschen, die jetzt noch hängen, haben einen Wurm.“ Er steigt mit einem halbvollen Eimer von der Leiter, den er seiner Frau zur weiteren Verwertung überreicht.
1989 hat Mayer den Hof vom Vater übernommen. Das war die Zeit der Milchkontingentierung in der konventionellen Landwirtschaft. Milch war für Mayer immer wichtig und ist heute noch seine Antriebsfeder: „Ich mag Milch schon immer sehr gerne, sie schmeckt und tut mir gut. Meine Enkel sollen daher gesunde Milch trinken können“. Als dann eine Molkerei neue Biomilchlieferanten suchte und ihn fragte, „warum er es nicht gleich gescheit machen wolle?“, hat er sich entschlossen, auf die Demeter-Landwirtschaft umzustellen.
Demeter als Neuanfang
Wenn er von den biologisch-dynamischen Grundsätzen und den Ergebnissen in seinem Milchvieh- und Grünlandbetrieb spricht, glänzen seine Augen. „Mit den Jahren bestätigt sich vieles, was man gemacht hat.“ Zum Beispiel sind seine Apfelbäume robuster gegenüber Klimaschwankungen und Unwetter im Vergleich zu Nachbars Obstbäumen. Bei Bedarf dienen sie auch als Schatten auf der Viehweide.
Artenvielfalt durch nachhaltige Bewirtschaftung
Beim Besuch der Kälberweide weist Mayer auf die vielen Pflanzenarten hin, eine Folge seiner achtsamen Bewirtschaftung. Langsamer wachsende Kräuter- und Grasarten reagieren auf das Weiden und den späteren Schnittzeitpunkt. Sie haben Zeit, in Ruhe zu wachsen und nach der Blüte auszusamen. Mit der Zeit ist so eine artenreiche Wiese entstanden, die viele Insekten und Spinnen anlockt und damit eine Nahrungsgrundlage für Vögel und kleine Säugetiere bietet. Die sogenannten „Unkräuter“ sind bei Mayer „Beikräuter“, die eine Funktion in der Natur haben. Der Ampfer ist so eine Pflanze: „Ich habe mit dem Ampfer Frieden geschlossen“, so Mayer. „Er wächst zwei bis drei Meter in den Boden und holt dort den Stickstoff, den er in seinen oberirdischen Blättern wieder an die Oberfläche zur weiteren Verwertung bringt.“
Tier-Mensch-Beziehung
Auf Mayers Hof leben neben den über 30 Kühen und zwei Haflingern eine Katzenmutter mit ihren Kleinen und diverse Hühner. Seine Kühe sind Milchkühe und zwei Drittel des Jahres draußen. Etwa 40 Kälber werden pro Jahr hier geboren, wovon er maximal acht Kühe und einen Stier behält. Die Milchleistung seiner Kühe ist gut, ganz ohne Druck und Kraftfutter. Mayer mag seine Tiere, das wird bei jeder Erzählung spürbar. Deshalb ist für ihn das Verkaufen von Nutztieren nicht einfach, denn die Tiere verbringen meist viele Jahre bei ihm. Da entsteht schon eine enge Bindung.
Rind mit Horn
Seine Rinder behalten nach Demeter-Regeln die Hörner, denn sie sind für die Tiere sehr wichtig. Das Horn des Rindes ist hohl und mit der Stirnhöhle verbunden. Es dient zur Verständigung in der Herde und zur Wärmeregulierung. Tatsächlich gibt es Hinweise, dass Kühe beim Wiederkäuen die Verdauungsgase Methan und Kohlendioxid bis in die Hörner hinein atmen, die in dem Moment stark durchblutet und ganz warm sind. Die Rinder haben viel Platz auf der Weide und können dort ihre Rangordnung mittels Körpersprache verhandeln. Das bringt Ruhe in die Herde.
Starke Pferde
„Haflinger eignen sich hervorragend zum Holzrücken. Sie sind gelehrig und stark. Beim Umgang mit ihnen muss der Pferdeführer darauf achten, dass er ihnen nicht die Lust am Arbeiten nimmt und ihnen daher ausreichend Pausenzeiten gibt.“, erzählt Mayer. Holzrücken mit Pferden ist sehr nachhaltig. Der Boden wird im Vergleich zur Waldarbeit mit Rückemaschinen nur wenig verdichtet. Damit versickert Regenwasser gut. Der Boden bleibt belüftet und langfristig fruchtbar. Viele Bakterien, Pilze, Pflanzen und Tiere finden hier Raum zum Leben.
Pflanzmeister am Sonnwies-Graben
Mayer liegt das Allgemeinwohl am Herzen. Deshalb hat er beim Hochwasserschutz am Sonnwies-Graben als Pflanzmeister mitgearbeitet. Von ihm stammen die Pläne für Pflanzungen auf der Wiese, die nun als Wasserstauraum bei Überschwemmungen dient.
Das friedliche Nebeneinanderher von Tier, Pflanze und Mensch spielt auf Mayer’s Hof eine große Rolle, das spürt man ganz deutlich.
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Oberbayern