Angetrieben von Verantwortung für die Zukunft
Als Kreisfachberaterin gilt ihr Einsatz den Streuobstflächen im Landkreis Garmisch-Partenkirchen – und das aus gutem Grund. Denn noch vor wenigen Jahrzehnten waren die Menschen hier nahezu vollständig mit eigenem Obst versorgt. Heute liegt der Selbstversorgungsgrad vermutlich unter einem Prozent, während die wenigen bestehenden Bäume oft ungenutzt bleiben. Dabei bietet gerade die klimatische Lage der Region enormes Potenzial: Während wärmere Gegenden wie Bodensee oder Südtirol schon bald an ihre Grenzen im Obstanbau stoßen könnten, zeichnen sich die Tallagen des Landkreises Garmisch-Partenkirchen als Obstanbaugebiet der Zukunft ab. Für Frau Wimmer ist klar: „Ein Hochstamm braucht 15 Jahre bis zum Ertragsalter – wenn wir wollen, dass es auch in Zukunft Streuobstwiesen gibt, müssen wir jetzt handeln.“
Von der Idee bis zum Pflanztag
Über das Förderprogramm "Streuobst für alle!" hat Bernadette Wimmer als zuständige Ansprechpartnerin mit dem Kreisverband Garmisch-Partenkirchen für Gartenbau und Landespflege bereits mehr als 1000 Bäume gepflanzt. Dahinter steckt eine sorgfältige Organisation: von der Auswahl alter Sorten – darunter auch vom Aussterben bedrohte sowie lokale – über die Bestellung bei Baumschulen, bis zur Verteilung der Bäume im Herbst. Die größte Herausforderung? Die Menschen rechtzeitig erreichen und über die Aktion informieren, da klassische Wege wie die Zeitung immer weniger genutzt werden. Doch am Abholtag, wenn Familien ihre Bäume entgegennehmen, Schnittanleitungen bekommen und gemeinsam mit Helferinnen und Helfern die Pflanzung feiern, zeigt sich: Die Mühe lohnt sich.
Alte Sorten als Kulturerbe und Zukunftsressource
Für Frau Wimmer sind historische und regionale Apfel- und Birnensorten weit mehr als Relikte vergangener Zeiten. Sie enthalten oft gesunde Polyphenole, die modernen Supermarktäpfeln fehlen, und bieten eine Resistenz gegenüber Krankheiten oder Trockenheit. Zugleich gehören sie zu der kulturellen Identität einer Region: Jede Sorte erzählt eine Geschichte, ist mit Landschaft und Menschen verbunden. Projekte wie ein Sortenerhaltungsgarten beim Biohotel Seinz oder die Lehrwiese in Bad Bayersoien zeigen, wie wertvoll dieses Erbe sein kann – für Bildung, für die Region und für die Zukunft des Obstbaus.
Herausforderungen und Chancen
Der Weg gestaltet sich jedoch nicht ohne Schwierigkeiten. Hagelereignisse können innerhalb weniger Minuten jahrzehntelange Pflege zunichtemachen, und nicht alle Landwirte betrachten Streuobst als Chance, sondern eher als Konkurrenz zur landwirtschaftlichen Nutzung. Trotzdem wächst das Interesse: Pflanzaktionen und Schnittkurse sind gut besucht, immer mehr Menschen schätzen wieder das eigene Obst im Garten. Gleichzeitig bieten sich echte Zukunftschancen: Streuobst kann eine sinnvolle Ergänzung zu Grünlandwirtschaft sein, hochwertige Produkte für die Direktvermarktung liefern und zur Anpassung an den Klimawandel beitragen.
Eine Herzenssorte mit Geschichte
Besonders am Herzen liegt Frau Wimmer die Apfelsorte Himbsels Rambur, eine alte Lokalsorte, die Mitte des 19. Jahrhunderts von Franz Himbsel bekannt gemacht wurde. Längst war sie verschollen, bis durch Zufälle und jahrelange Suche doch wieder Exemplare gefunden wurden. Heute wachsen wieder junge Bäume dieser Sorte im Landkreis Garmisch Partenkirchen – und mit ihnen die Hoffnung, dass Tradition und Zukunft im Streuobstbau Hand in Hand gehen.