Erstbezug in bester Lage und alle Objekte ganz auf die Wünsche der Mieter zugeschnitten, wer kann da schon widerstehen? Im schwäbischen Münsterhausen hat eine Nistkastenaktion über einhundert neue Behausungen für Vögel und Fledermäuse im Dorf geschaffen.
Entscheidend ist die Lage, die Lage und die Lage – was bei Immobilienmaklern als Binsenweisheit gilt, ist auch bei Nistkästen eine Grundvoraussetzung dafür, dass die passenden Mieter einziehen. In Münsterhausen im Landkreis Günzburg hat man deshalb nichts dem Zufall überlassen. Als die Idee im Rahmen der Dorferneuerung aufkam, doch an geeigneten Stellen Nistkästen aufzuhängen, lag es für Bernd Braunsteffer vom Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) Schwaben auf der Hand, die gute langjährige Zusammenarbeit mit dem Landesbund für Vogelschutz (LBV) zu nutzen, und so startete er 2017 gemeinsam mit der Gemeinde eine Aktion, mit Nistkästen die Vielfalt der heimischen Vogelwelt zu fördern.
Die passende Behausung finden
Es brauchte nur einen Aufruf im Gemeindeblatt, schon waren die engagierten Münsterhausener und ihr Bürgermeister bereit, Nisthilfen an Häusern, öffentlichen Gebäuden, Schuppen und Scheunen aufzuhängen. Bernd Braunsteffer machte sich also gemeinsam mit Stefan Böhm, dem Kreisgruppenvorsitzenden des LBV auf den Weg, um die Bürger erst einmal kostenlos zu beraten. Wo nistet welcher Vogel am liebsten? Welcher Kasten kommt an welchem Gebäude in Frage? Und ganz wichtig: Wie pflegt man die Nisthilfen, wie oft müssen sie gereinigt werden, denn ja, auch Vögel hinterlassen Schmutz, und der muss weg, damit Mensch und Tier gesund und zufrieden zusammenleben. Nicht zuletzt müssen die Kästen sicher vor Katzen, Mardern, Eichelhähern und anderen Räubern sein, die sich sonst gerne aus den Nestern bedienen.
Keine Achterbahn für Schleiereulen
24 Teilnehmer bestellten schließlich Vogelunterkünfte, darunter waren auch die Gemeinde und ein ortsansässiges Unternehmen, dass eigentlich auf den Bau von Achterbahnen und Fahrgeschäften spezialisiert ist. Mit Vogelschutz kennt man sich dort aus, denn auf dem Firmengelände gab es bereits schon vorher zwanzig Mehlschwalben-Nester. Deshalb zimmerten die Auszubildenden in der Lehrwerkstatt gleich noch selbst ein paar Schleiereulenkästen – wenn auch ohne waghalsige Attraktionen einzubauen.
Ein Dorf im Nistkastenfieber
Der 2000-Einwohner-Ort ist nun um 128 neue Behausungen reicher. Darunter gibt es große Kästen für Eulen, Nester für Mauersegler und Mehlschwalben, verschiedene Angebote für Fledermäuse, Kugeln für Zaunkönige, von unten anfliegbare Nistkästen für Wasseramseln und viele mehr, die perfekt auf die Bedürfnisse der Vögel zugeschnitten sind. Ein Spezialanbieter für Nisthilfen aller Art hatte für die Ansprüche der Münsterhausener Vogel- und Insektenwelt immer die passende Lösung. Die Teilnehmergemeinschaft finanzierte die Kästen als Projekt der Dorferneuerung. Doch die Gemeinde war so begeistert von der Aktion, dass sie auch die Kosten für über vierzig weitere Nisthilfen übernahm, die außerhalb des Dorferneuerungsgebietes lagen. Der Bürgermeister selbst hatte bald ein Auge für passende Standorte entwickelt, deshalb hängen heute ganz selbstverständlich verschiedene Vogelkästen an der Schule, am Bauhof und am Gemeindehaus. Schnell war auch klar, dass die Wasseramseln unter der Mindel-Brücke ihr neues Zuhause bekommen durften.
Vielfalt braucht Anstöße
Die Ausgangsbedingungen für diese Aktion waren in Münsterhausen gut. „Eine engagierte und aufgeschlossene Bürgerschaft, bestehende Biotopstrukturen am Ortsrand und eine interessante Vogelwelt in der Umgebung. Wenn wir merken, da ist was Interessantes, dann machen wir was draus“, sagt Bernd Braunsteffer, „das Thema bearbeiten wir schon seit über dreißig Jahren und kooperieren dabei eng mit dem LBV“. So sollen Vogelarten gefördert werden, die es zunehmend schwerer haben. „Die Mehlschwalbe ist zum Beispiel ein typischer Kulturfolger, sie findet kaum mehr Lehmpfützen für den Nestbau. Deshalb schaffen wir Anreize für sie“. Doch nicht nur die Vogelwelt stand auf dem Förderprogramm. An einer Böschung am Ortsrand entstand eine circa acht Meter lange Natursteinmauer, die es in sich hat. Denn darin eingebaut sind Nistkästen für Kleinsäuger, wie Haselmaus und Siebenschläfer und spezielle Kästen für Erdhummeln und Erdwespen. Auch hier stieß das Team auf aufgeschlossene Grundstückseigentümer: Das Wasserwirtschaftsamt war gerne bereit, ihre Fläche für diese Maßnahme zur Verfügung zu stellen.
Vogelschutz ist ansteckend
„Die Nistkastenaktion ist ein Puzzleteil, das zum Erhalt der Artenvielfalt beiträgt und gleichzeitig die Bürger miteinbezieht“, sagt Bernd Braunsteffer. Doch in Münsterhausen fügt sich eines zum anderen. Viele Bürger haben selbst noch Nistkästen gebaut und der Vorstand des Gartenbauvereins hat seine Schreinerleidenschaft in zwanzig weitere Kästen investiert. Nicht zuletzt entstand in der Dorferneuerung auch noch ein großer Gewässerinformations- und Erlebnispfad, der über die Naturvielfalt in Münsterhausen informiert. Auch das Amt für Ländliche Entwicklung in Krumbach ist von der Nistkastenbegeisterung gepackt. Brutmöglichkeiten am Gebäude und in der Umgebung sind schon seit Jahren selbstverständlich und in einer Privataktion wurden gleich noch einmal dreißig Kästen geordert. Vogelschutz kann offenbar ansteckend sein. Und wenn die Lage stimmt, sind Mieter und Vermieter gleichermaßen glücklich.
Anleitungen zum Nistkastenbau gibt es zum Beispiel auf der Homepage des LBV: Bauanleitungen für Nistkästen
In Münsterhausen piept’s
Regierungsbezirk
Schwaben
Projektposition
Kontakt
Amt für Ländliche Entwicklung Schwaben
Bernd Braunsteffer
Dr.-Rothermel-Straße 12
86381 Krumbach (Schwaben)
Telefon 08282 92-418
bernd.braunsteffer@ale-schw.bayern.de
www.landentwicklung.bayern.de
Foto von Stefan Böhm
Bernd Braunsteffer
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86381 Krumbach (Schwaben)
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