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Das große Blühen in Zandt

In Zandt blüht es an jeder Ecke. Über 70 Einzelflächen wurden bisher angelegt. (Foto: Hans Laumer)
In Zandt blüht es an jeder Ecke. Über 70 Einzelflächen wurden bisher angelegt. (Foto: Hans Laumer)
© Land:Belebt
Was passiert, wenn eine Initiative nicht lange diskutiert, sondern einfach loslegt, ist im oberpfälzischen Zandt zu sehen. Dort ziehen Gemeinde, Vereine und Bürger an einem Strang und legen gemeinsam eine Blühfläche nach der anderen an. Das Ergebnis hat einen Namen: „Zandt – die blühende Gemeinde.“ Der ist mittlerweile zum Programm geworden.

Die Jäger haben damit angefangen. Und zwar schon 2005, da waren Blühflächen maximal ein Randthema. „Wildäcker“ haben sie damals auf ihren eigenen landwirtschaftlichen Flächen angelegt, die Rehen und Hasen Deckung und Futter bieten sollten. Mit 1,5 Hektar hat alles begonnen, heute gibt es in Zandt je nach Jahreszeit bis zu dreißig Hektar der unterschiedlichsten Blühflächen, und deren Ausmaße reichen von kleinen Hausgarten-Stücken mit fünf Quadratmetern bis zu 2,5 Hektar auf öffentlichen Gemeindeflächen. Dass es so weit kommen konnte, dafür brauchte es einen Initiator, einen Motor, wie es Hans Laumer, Gemeinderat, Jagdpächter und im Hauptberuf Wildlebensraumberater aus Zandt ist, und eine aufgeschlossene Gemeinde.

Wenn alle das gleiche Ziel haben…
Das Ergebnis sind heute blühende Flächen im gesamten Ort und in der Landschaft, die das Nahrungsangebot für Insekten enorm erhöht und das Ortsbild verändert haben. Die gemeindeeigenen Grünflächen sind mit Blühmischungen eingesät. Darunter sind sowohl blütenattraktive einjährige, genauso wie die mehrjährige „Veitshöchheimer Bienenweide“ oder die Mischungen aus dem Kulturlandschaftsprogramm. Sie alle liefern Pollen, Nektar und Samen, zusätzlich noch Überwinterungsquartiere für Insekten und Deckung für Niederwild. Das freut auch den Gemeindebauhof, der mit diesen extensiven Flächen deutlich weniger Pflegeaufwand betreiben muss. Der Obst- und Gartenbauverein hat sich außerdem mit Hans Laumer dem „Netzwerk Blühende Landschaft“ angeschlossen, mehrere Blühstreifen angesät und die Streuobstwiese mit bienenfreundlichem Saatgut „geimpft“. Die Landwirte haben zusammen mit der Jägerschaft noch weitere mehrjährige Blühflächen angelegt, Ackerränder mit blühenden Streifen umrahmt, und sie bauen wildtierfreundliche Zwischenfrüchte am Waldrand an. Und auch die Imker haben Flächen zur Ansaat zur Verfügung gestellt und Obstbäume gepflanzt, die gerade im Frühjahr für mehr Blütenreichtum sorgen. Nicht zu vergessen die Gartenbesitzer, die sich über die Initiative mit Samentütchen für fünf Quadratmeter Blühfläche versorgen konnten und so auch kleine und kleinste Hausgarten-Flächen einbringen.

…dann geht die Saat auch auf
Die Jäger hatten schon früher gute Erfahrungen mit ihren Wildäckern gemacht und 2013 eine neue Saatgutaktion gestartet. Auch der Obst- und Gartenbauverein hatte schon vorher viel für den Artenschutz getan und eine Streuobstwiese angelegt, „aber“, sagt Hans Laumer, „jeder hat unabhängig voneinander gearbeitet. Deshalb haben wir uns gefragt, wer noch alles Interesse am Thema Blühflächen haben könnte. Die wollten wir alle zusammenbringen.“ Damit rannte er offene Türen ein. Die Gemeinde, der Gartenbauverein, die Imker, die Landwirte, die gesamte Jägerschaft und die örtliche Tourist-Info kamen 2017 zu einem gemeinsamen Treffen zusammen und damit war auch schon die Initiative „Zandt – die blühende Gemeinde“ gegründet. Nicht lange diskutieren, lieber gemeinsam aktiv werden, das war das Motto.

Den ganzen Ort mitnehmen
Der Blütenreichtum hat aber nicht nur das Ortsbild verändert. „Das hat in der Bevölkerung eine Initialzündung ausgelöst“, sagt Hans Laumer. Nachdem die Presse von der Gründung der Initiative berichtet hatte, bekam er einen Anruf nach dem anderen. „Entweder haben die Leute eigene Flächen angeboten, oder sie wussten, wo noch passende Flächen sind oder sie haben ihre Mithilfe angeboten. Einige, die weder das Eine noch das Andere bieten konnten, haben Geld gespendet.“ Damit konnte die Gemeinschaftsaktion in die praktische Umsetzung gehen, für die mit über siebzig Einzelflächen die Begeisterung bis heute ungebrochen ist. Es kommen immer neue Flächen dazu, und weil Hans Laumer nicht nur der Vordenker, sondern auch ein Vormacher ist, organisiert er für jeden Standort das passende Saatgut, bereitet den Boden mit Schlepper und Fräse vor und bei Bedarf unterstützt er auch noch die Aussaat. „Aber ohne die gesamte Mannschaft der Initiative ginge gar nichts“, das ist ihm ganz wichtig zu betonen.

Ein halber Tag für mehr Natur
Dieser speziellen Blüten-Spirit scheint die Zandter nun mitgerissen zu haben. 2019 hat die Initiative einen „Aktionstag“ in Zandt veranstaltet, um neue Ideen für mehr Natur umzusetzen. „Wer braucht was?“, hat Hans Laumer gefragt und dann haben sie die Interessen gebündelt und ordentlich zugelangt. Siebzig Zandter kamen zusammen, das waren die Mitglieder der Initiative, Familien mit Kindern, Rentner, der Bürgermeister war dabei, der Bauhof, Vereine und alle, die einfach mithelfen wollten. An nur einem Vormittag entstand eine neue Streuobstwiese, wurden Totholzstapel und Steinhaufen aufgeschichtet, die Jugendfeuerwehr hat eine kräuterreiche Wiese am neuen Feuerwehrhaus und der Gartenbauverein mit Kindern neue Blühflächen im Ort eingesät.

Zandt belebt
Überhaupt ist es ganz wichtig, auch die junge Generation mit dem Zandter Blumenspirit anzustecken, deshalb gibt es ein Ferienprogramm, bei dem die Kinder – wie könnte es anders sein – Blühflächen und verschiedene Lebensräume für Insekten, Vögel und Niederwild im ganzen Ort anlegen. Hans Laumers Sorge, dass ihnen das zu langweilig würde, ist unbegründet, die Kinder können gar nicht genug davon bekommen. Nun sehen die jungen Zandter das Ergebnis ihrer Mühe jeden Tag gedeihen. Diese Saat wird bestimmt in jeder Hinsicht aufgehen.

Lesen Sie auch das Porträt: "Hans Laumer - Pionier der Blühflächen"


 

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