Sie scheint förmlich zu verschmelzen mit dem Roggenfeld, in dem lauter blaue Kornblumen zwischen den hellgrünen Ähren herausleuchten. Rosa Kugler steht mittendrin im wogenden Getreide, ganz vorsichtig hat sie sich einen Weg gebahnt und ist begeistert: „Da, sogar Kornraden blühen!“ Das ist ja in einem gewöhnlichen Getreidefeld nicht gerade üblich, aber Äcker, bei denen Rosa Kugler im Spiel war, sind sowieso anders als andere. Ihr Lieblingsprojekt sind die Ackerwildkräuter im Isental und wenn man mit ihr über diese Felder und Wiesen streift, wird deutlich, wie sehr ihr das am Herzen liegt. Hinter ihr liegen riesige Baugruben für den Autobahnbau, der Boden bis in tiefe Schichten hinein aufgerissen. Es scheint, als würde Rosa Kugler versuchen, die Landschaft mit diesen blühenden Flächen zu heilen.
Äcker beleben
Dass in vielen Isentaler Äckern wieder heimische Wildkräuter blühen, ist durchaus ihr Verdienst. „Ackerwildkräuter sind die Stiefkinder im Naturschutz“, deshalb hat sie ihr dicht geknüpftes Netzwerk aktiviert und geschafft, dass es nun eine Saatgutmischung heimischer Ackerwildkräuter aus dem Isental gibt, die Landwirte auch tatsächlich zwischen das Getreide oder als Randstreifen aussäen. Und zwar nicht nur Biolandwirte, „da sind auch konventionell arbeitende dabei“. Man sieht ihr an, wie sehr sie das freut und bekommt eine Ahnung davon, dass Rosa Kugler eine begnadete Netzwerkerin ist.
Keine Strichmännchen
Die Ackerwildkräuter sind aber nur ein Teil ihrer großen, gut gefüllten Ideenkiste, die sie als Projektmanagerin der Ökomodellregion Isental parat hat. Biodiversität ist ihr großes Thema und da hat die studierte Forstwissenschaftlerin, die auf einem Hof in der Gegend aufgewachsen ist, neben geballtem Fachwissen auch eine große Liebe und Wertschätzung für die Landschaft und die Menschen im Gepäck. „Ich bringe diejenigen zusammen, die in diesem Bereich etwas machen wollen,“ das ist ihre Aufgabe. Auf einer Skizze hat sie ihr Verständnis davon, wie das funktioniert, auf den Punkt gebracht. Der Umriss des Landkreises Mühldorf am Inn ist da zu sehen, und darüber ein Netz mit vielen Knoten, das auch über die Landkreisgrenzen hinaus reicht. „Viele Akteure verbinden, und je dichter das Netz und je mehr Knoten, desto besser“. Die Akteure, die sind für sie aber keine langweiligen Strichmännchen, sondern die hat sie als fröhlich lachende Gesichter gezeichnet. Begeisterung für die Sache entfachen, das gehört nämlich auch dazu und das kann sie offenbar ziemlich gut.
Menschen und Wissen verknüpfen
Wohl auch deshalb funktioniert ihr Netzwerk bestens. Beim „Praktikertag“ kamen zum Beispiel Landwirte, Imker und viele Interessierte mit dem örtlichen Saatgutproduzenten zusammen. Der hat gezeigt, wie so eine Blühwiese richtig angelegt wird, „danach gab es einen regelrechten Hype um das Saatgut“, erzählt sie. Sie hat Kontakte in alle Richtungen und auf allen Ebenen, zu den Landwirten genauso wie zur Uni und zu Spezialisten für Flora und Fauna. So verknüpft sie nicht nur Menschen, sondern auch Wissen. Derzeit gibt es für Gartenbesitzer einen Wettbewerb und eine Seminarreihe für insektenfreundliche Balkons und Gärten. Sie hat einen Arbeitskreis Imker – Landwirte ins Leben gerufen, mit dem sie laufend neue Ideen entwickelt, um den Artenreichtum in der Landschaft zu fördern, und freut sich, „dass da so viele junge Leute dabei sind“. Gerade ist sie dabei, Bio-Landwirte und Küchenchefs für die „Außer-Haus-Verpflegung“ zusammenzubringen. „Wir haben so tolle Produkte, die hier bei uns wachsen, wir müssen die Wertschätzung dafür mehr fördern“, das ist ihr nächstes großes Thema. Vor ein paar Jahren hat sie einen Sommer auf einer Alm am Wendelstein verbracht und selbst Käse, Quark und Butter gemacht. „Das ist ein Geschmackserlebnis, das ist mit nichts vergleichbar“, sagt sie, da sei ihr Interesse für Bio-Produkte so richtig erwacht. Deshalb sei es ihr auch so wichtig, die Bio-Landwirtschaft zu fördern.
Glück aus der Landschaft
„Zufriedenheit“, nennt sie es erst, was sie aus ihrer Arbeit mitnimmt und legt aber dann noch nach: „Großes Glück“, sei das, was sie dabei spüre. Wenn sie von ihren Projekten erzählt, klingt das oft wie eine Liebeserklärung an die Landschaft. Sie tut viel dafür, das auch möglichst vielen Menschen zu vermitteln, oft auf eine ganz leicht zugängliche Weise: Mit dem „Isentaler des Monats“ kürt sie eine heimische Pflanze und demnächst gibt es einen Fotokalender „Blühendes Isental“. Und wenn sie sich mitten in die blühende Wiese setzt, und sich freut, wie es summt und brummt und sie sagt, dass ihr das Herz aufgeht, bei all dem Mohn und Frauenspiegel, den Kornraden und Karthäuser-Nelken, dann ist ihr deutlich anzusehen, wie sehr sie die Lebendigkeit um sie herum berührt. Das Land beleben, bei Rosa Kugler geht es um nichts weniger als das.
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Oberbayern