Bürgermeisterin Helga Fleischer ist sich sicher: Gochsheim wird den eingeschlagenen Weg nicht verlassen. Denn der Klimawandel ist da, ihre Gemeinde hat mit der ökologischen Flurneuordnung aber schon Vieles richtig gemacht, um darauf zu reagieren. In Gochsheim hat man nämlich schon 1997 damit begonnen, die wertvollen ökologischen Flächen in der Flur zu sichern und zu stärken und gleichzeitig gute Kompromisse für die landwirtschaftliche Nutzung zu finden. Ernst Bohlig, Gochsheimer und aktiver Naturschützer, hatte den Anstoß dafür gegeben. Denn die erste Flurbereinigung in den siebziger Jahren war nur auf die wirtschaftliche Verbesserung der Landwirtschaft ausgerichtet, nun wollte man mit diesem Verfahren auch der Ökologie gerecht werden.
Mit Freiwilligkeit viel erreicht
Bodentausch und Landespflege – das sind die wertvollen Instrumente, mit denen das Amt für Ländliche Entwicklung Unterfranken den Bedürfnissen von Landwirtschaft und Naturschutz gleichermaßen gerecht werden kann. Eine aufgeschlossene Teilnehmergemeinschaft ist die ideale Ergänzung dazu. In Gochsheim saßen deshalb gemeinsam mit den Ämtervertretern auch die der Gemeinde, des Bauernverbandes und des Naturschutzes mit am Tisch und es gelang, alle notwendigen Flächen durch freiwilligen Landtausch in öffentlichen Besitz zu bringen.
Vielfalt der Standorte
In 14 einzelnen Maßnahmen wurden insgesamt 28 Hektar Fläche zu wertvollen ökologischen Lebensräumen gemacht. Dies waren Flächen, die ohnehin wenig einträglich für die Landwirtschaft waren. Einige davon blieben als artenreiche, magere Mähwiesen auch für die landwirtschaftliche – aber extensive Nutzung erhalten. Das Mosaik der Lebensräume ist nun vielfältig. Feuchte und trockene Standorte, Waldränder und Obstbaumwiesen, artenreiche Wiesen, kleinteilige extensive Ackerflächen und naturnahe Seen und Gewässer wurden nicht nur neu geschaffen, sondern auch miteinander vernetzt.
Renaturierung bringt Vielfalt
So entstanden zum Beispiel mit dem Pointgraben und Kührasen naturnahe Gewässer mit Flutmulden und einem kleinen Weiher. Der Graben bekam wieder einen kurvenreichen Verlauf und kleine Nischen. Die angrenzenden Pappeln mussten weichen, denn das verhalf einer Orchideenwiese wieder zu mehr Sonne. Und schließlich ersetzt nun eine kräuterreiche Wiesenmischung die Acker- und artenarme Grünlandfläche in der Umgebung. Diese und ähnliche Maßnahmen wurden an einigen Gräben und Bächen mehr in der Gochsheimer Flur durchgeführt, insgesamt wurden über zwei Kilometer Bachläufe renaturiert und knapp zwei Hektar Seen und Weiher angelegt. Das hat mittlerweile messbare Erfolge gebracht: die Population von Teichfrosch und Erdkröte ist gestiegen, Gras- und Laubfrösche haben sich angesiedelt und der „Kuhschwänzige Bläuling“, eine Schmetterlingsart, wurde zum ersten Mal in ganz Nordbayern am Gochsheimer Wethgraben nachgewiesen.
Zum Abschluss einen See
Für ein besonderes Projekt gab sogar ein Ministerbesuch den Ausschlag. Zwar hatten die Gochsheimer schon länger ein Konzept für einen Landschaftssee in der Schublade, doch als sich Josef Miller 2008 verwundert über die eher kleinteiligen Gewässer in der Gochsheimer Flur zeigte, gelang auch die Förderung dieses Wunschprojektes. Mit dem Holzpointensee entstand der krönende Abschluss des Verfahrens: ein über zwei Hektar großes Gewässer, umgeben von Feuchtwiesen, einem Aussichtshügel und „Brennen“, also sandigen Hügeln, auf denen sich Trockenlebensräume entwickeln. Gebadet werden darf im Holzpointensee nicht, doch als Teil des Rundwegekonzeptes ist er ein beliebtes Ziel für Spaziergänger. Infotafeln informieren über dieses besondere Stück Gochsheimer Natur und die landschaftlichen Höhepunkte, die in der ökologischen Flurneuordnung entstanden sind.
Die Ökologische Flurneuordnung hat viel bewegt. Nicht nur 45.000 m3 Boden, sondern auch das Bewusstsein, die Besonderheiten der Landschaftsbestandteile vor der eigenen Haustüre zu sichern und für die Herausforderungen der Zukunft zu stärken. In Gochsheim will man diesen Weg konsequent fortführen.
Mit Ökologie in die Zukunft
Ökologische Flurneuordnung Gochsheim
Datum
18. Dezember 2019
Regierungsbezirk
Unterfranken