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Artenschutz von oben bis unten

Schon von außen ist zu erkennen, wer im und am Artenschutzturm in Hohenkemnath wohnt.
Schon von außen ist zu erkennen, wer im und am Artenschutzturm in Hohenkemnath wohnt.
© Land:Belebt
Ungenutzte Gebäude bleiben in der Gemeinde Ursensollen in der Oberpfalz nicht lange leer stehen. Erst recht nicht, wenn es um eine alte Trafostation oder einen aufgelassenen Bräukeller geht. Ideal für den Artenschutz, dachte man sich, ideal für einen Ort, der sich der Biodiversität verschrieben hat. Für den Umbau zu Vogel- und Fledermausrefugien rückten sogar Jugendliche aus aller Welt an.

Drei Wochen im August, beste Ferienzeit. In Ursensollen im Landkreis Amberg-Sulzbach war davon zwei Sommer lang nichts zu spüren, denn 2015 war Hämmern, Sägen und die Sprache von Jugendlichen aus neun Nationen an der alten Trafostation im Ortsteil Hohenkemnath zu hören. 2018 klang es ähnlich aus dem alten Bräukeller in Ursensollen. Das Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) Oberpfalz hatte im Rahmen der Dorferneuerung das Internationale Jugend-Workcamp (ijgd) dazu eingeladen, zusammen mit der Gemeinde einen Artenschutzturm und drei Jahre später einen Fledermauskeller einzurichten.

Gemeinsam aufbauen
Dass das alte Trafohäuschen in Hohenkemnath nicht abgerissen, sondern daraus besser ein Artenschutzturm werden sollte, dazu gab Maria Hummel, die ehemalige Vorsitzende des örtlichen Obst- und Gartenbauvereins den Anstoß. Eine gute Idee, fanden sowohl das ALE Oberpfalz als auch Bürgermeister Franz Mädler. Als Modellgemeinde für Biodiversität ist Ursensollen besonders sensibilisiert für das Thema. Und so war schnell klar, dass in den Turm Stare, Meisen, Mauersegler, Schwalben, Turmfalken und Fledermäuse einziehen sollten. Der Landesbund für Vogelschutz (LBV) gab dafür den fachlichen Input und die Empfehlungen für die passenden Nisthilfen. Da passte es gut, dass das ALE Oberpfalz schon seit vielen Jahren den Kontakt zum Jugend-Workcamp pflegt. „Wir schauen immer wieder, welche Projekte sich zur Zusammenarbeit eignen könnten“, sagt Armin Friedrich vom ALE, der die beiden Projekte maßgeblich betreut hat. Der Artenschutzturm eignete sich ideal dazu.

Artenschutz im Turm
Organisiert wurde das Ganze dann vom ALE Oberpfalz und der Gemeinde. Die Arbeiten waren im Vorfeld an einen Bauträger vergeben worden, den die Jugendlichen tatkräftig unterstützen sollten. Und so rückten im August 2015 sechzehn motivierte junge Leute aus aller Welt in Hohenkemnath an und machten sich ans Werk. Dazu mussten sie hoch hinaus: Gerüst aufstellen, Wände neu verputzen, Dach neu decken, Einfluglöcher und Bruthöhlen bohren und jeder Vogelart ihren eigenen Nistkasten für innen und außen bauen. Die Turmfalken bekamen sogar ein eigenes Brutbett aus Erdreich und kleinen Feldsteinen. Angeleitet wurden sie von einem Mitarbeiter der Baufirma, dem LBV, von der Gemeinde und auch der Obst- und Gartenbauverein war täglich mit dabei.

Keller frei für Fledermäuse
Ähnlich war es im ehemaligen Bräukeller in Ursensollen. Auch dort entstand die Idee in der Dorferneuerung, daraus ein Fledermausrefugium zu machen. Auch diesmal kamen sechzehn Jugendliche aus zwölf verschiedenen Ländern in die Oberpfalz und packten zusammen mit der beauftragten Firma kräftig an, den Keller zunächst von Schutt zu befreien. Auf Anraten des Fledermausexperten Rudi Leitl vom LBV wurden halboffene Holztrennwände eingezogen, um unterschiedliche Wärmezonen für die verschiedenen Fledermausarten zu schaffen. Nun bieten Nischen, Hohlblocksteine und gewölbte Plexiglasscheiben ideale Verstecke, und Einflugluken an der neu gezimmerten Kellertür ermöglichen den Fledermäusen ein mardersicheres Nachhausekommen. Auch außen bekam der Keller mit einer Bruchsteinmauer, Sträuchern und Bäumen ein ansprechendes Umfeld.

Erstbezug geglückt
Artenschutz und Förderung der biologischen Vielfalt ist international. „Die Arbeit mit den Jugendlichen aus der ganzen Welt ist eine schöne Aufgabe“, sagt Armin Friedrich. Auch die Verständigung auf Englisch klappte gut, denn es waren immer zwei Betreuer dabei, die bei Bedarf übersetzt haben. Offenbar sind da auch die richtigen „Macher“ zusammengekommen: „Mit Bügermeister Mädler und Nina Forster von der Gemeinde Ursensollen gab es zwei engagierte Ansprechpartner, die das Ganze mit vorangetrieben haben“, sagt Armin Friedrich. Ein Erfolg für den Artenschutz sind beide Projekte ohnehin. Den Turm in Hohenkemnath betreut der Obst- und Gartenbauverein zusammen mit dem LBV, die sich über Nachwuchs bei den Turmfalken freuen. Und in Ursensollen scheint das Klima im Keller optimal zu sein, denn Mopsfledermaus, Fransenfledermaus und das Braune Langohr haben noch im gleichen Jahr dort ihr Winterquartier bezogen. Für den Sommer 2019 sind Veranstaltungen geplant, bei denen die Projekte vorgestellt und mit Informationsmaterialien begleitet werden. Es wird wohl auch in diesem Jahr keine ruhige Ferienzeit werden.

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