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Ein Ausflug, zehn Obstbäume und eine Initiative

Beim jährlichen Öpflfest im unterfränkischen Hausen sind 100 Apfelsorten ausgestellt. Foto: Beate Klüpfel
Beim jährlichen Öpflfest im unterfränkischen Hausen sind 100 Apfelsorten ausgestellt. Foto: Beate Klüpfel
© Land:Belebt
Nicht lange warten, sondern einfach anfangen und das Projekt voranbringen. So hat die Streuobstinitiative im unterfränkischen Hausen begonnen, die Obstbautradition in ihrem Ort erhalten. Was als kleine Idee im Rahmen des Fluneuordnungsverfahrens begann, hat sich zu einer festen Gruppierung entwickelt, die wertvolle Streuobstwiesen des Dorfes langfristig pflegt und das Obst verwertet.

Es begann im Jahre 2010 mit einer Informationsveranstaltung zur Erhaltung der vielfältigen, reizvollen Kulturlandschaft in Hausen. Sie wurde zu Beginn des Flurneuordnungsverfahrens vom zuständigen Landschaftsbüro Pirkl- Riedel-Theurer organisiert. Nach Überzeugungsarbeit in mehreren Arbeitskreissitzungen konnten sich die Hausener aus dem Landkreis Schweinfurt im folgenden Jahr bei einer Exkursion in die Rhön über Streuobstanbau, -pflege und Vermarktung informieren. Informieren? Der Funke war schnell übergesprungen und entfachte eine enorme Motivation. Schon auf der Rückfahrt im Bus entstanden die ersten Ideen, wie der Streuobstbau wieder neuen Schwung und mehr Wertschätzung im Dorf bekommen könnte. Damit nahm die Streuobstinitiative Hausen Fahrt auf, noch bevor die Flurneuordnung so richtig begonnen hatte.

Viel zu tun für die Streuobstvielfalt
Mit zehn Obstbäumen begannen die Aktiven, um die hundert pflegen sie heute. Die Bäume gehören teilweise der Gemeinde, aber zum überwiegenden Teil privaten Besitzern, die sich selbst nicht mehr darum kümmern können oder wollen. Das bedeutet für die Initiative: jährlichen Baumschnitt, die richtigen Erntezeitpunkte der vielen verschiedenen Apfel- und Birnen-Sorten koordinieren, Obst ernten, zur Kelter im Nachbarort bringen, sechs- bis siebenhundert Liter Saft abholen, einlagern, Verkauf organisieren. Dazwischen Erntesäcke waschen, Werkzeug pflegen, Wiesen von Hand sensen und den jährlichen Höhepunkt, das „Öpflfest“ im Herbst organisieren. Dabei werden rund einhundert Öpfl- also Apfelsorten ausgestellt, zwei Apfelkundler bestimmen Sorten, es gibt Apfelsaft, Most und Obst zu kaufen, und die Gaststätte, in deren Biergarten das Ganze stattfindet, hat Gerichte mit Hausener Äpfeln auf der Karte. Den Saft kann man übrigens das ganze Jahr dort kaufen. So gelangt die Hausener Obstvielfalt unter die Leute.

Obstvielfalt verbreiten
All das stemmt die Initiative ehrenamtlich, um die zehn Leute gehören zum harten Kern. Beate Klüpfel, die seit Beginn aktiv dabei ist, freut sich darüber, dass das „Öpflfest“ den Ort immer bekannter macht und auch insgesamt die Wertschätzung für das Obst steigt. Vier- bis fünfmal im Jahr trifft sich die Initiative zum „Streuobststammtisch“ und bespricht, was ansteht. „Wir wollen das heimische Obst und seine Wertigkeit wieder mehr ins Gedächtnis bringen, die meisten Menschen kennen nur die Sorten aus dem Supermarkt“, sagt sie und schätzt, dass es rund um Hausen an die vierzig bis fünfzig Apfel- und Birnensorten gibt. Darunter sind Rote Sternrenette, Danziger Kantapfel, Jakob Lebel, oder Birnen, wie Mollebusch, Pastorenbirne oder Gräfin von Paris. „Typische Sorten eben, die in Unterfranken angebaut wurden“. 2014 kam im Rahmen der Flurneuordnung noch eine neue Streuobstwiese dazu und die Fläche wurde mit einer gebietsheimischen Saatgutmischung eingesät. Um die Pflege kümmert sich die Initiative.

Einladung an den Steinkauz
Die Streuobstbestände sind ein wichtiger Teil des Biotopverbundes, denn in der Umgebung gibt es auch viele Magerrasen-Flächen. Deshalb beschränkt sich die Vielfalt nicht nur auf das Streuobst. Christian Schäflein von der Initiative hatte 2015 die Idee, den Steinkauz wieder in der Hausener Flur anzusiedeln. Für den sind Streuobstwiesen mit alten Bäumen ein idealer Lebensraum, und so gibt es nun vierzehn Steinkauzröhren in den Obstwiesen, die der ortsansässige Falkner betreut. „Für uns ist die Streuobstinitiative ein wichtiger Partner“, sagt Roland Schneider vom Amt für Ländliche Entwicklung in Würzburg, der diese und andere Maßnahmen mit begleitet hat, „es ist schon ungewöhnlich, wie sich die Initiative schon vor Beginn der Planungen etabliert hat und auch über das Verfahren hinaus aktiv bleibt“. Deshalb ist es den Mitgliedern auch wichtig, in die Planungen der Flurneuordnung mit einbezogen zu sein. Sie bringen viel fachliche Kompetenz ein, die im Ort gefragt ist, entlasten die Gemeinde bei der Pflege ihrer Flächen und geben ihr Wissen gerne weiter. Auf Anfrage gibt es Schnittkurse und jedes Jahr sind alle Bürger eingeladen, die Initiative beim Baumschnitt zu begleiten.

Streuobst inspiriert
All das scheint in Hausen auf fruchtbaren Boden zu fallen. „Kleine Schritte auf dem richtigen Weg“, nennt das Beate Klüpfel und erzählt, dass der Kindergarten, bei dem die Initiative früher die Äpfel vom Baum geerntet hat, das nun selbst übernimmt, Saft daraus presst und im Kindergarten ausschenkt. Wo wenn nicht dort, kann ein guter Grundstock für das Bewusstsein der heimischen Schätze gelegt werden? Vielleicht noch bei der Apfelblütenwanderung, zu der die Initiative jedes Frühjahr einlädt und die sich steigender Beliebtheit gerade bei jungen Leuten erfreut. Dabei genießen die Wanderer die Vielfalt der Landschaft und bekommen ein paar fachliche Informationen aus erster Hand dazu. Und wer weiß, welche Ideen den Leuten von der Streuobstinitiative auf ihren Ausflügen noch so einfallen?

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